Für den Einstieg in einen Beruf innerhalb der Bierindustrie gibt es heutzutage verschiedene Möglichkeiten. Früher machte man klassischerweise eine Ausbildung zum Brauer und Mälzer und danach gegebenenfalls einen Meister. Mittlerweile gibt es sogar die Möglichkeit ein Studium im Bereich des Brauwesens zu absolvieren. Da einige von uns an der TU München studiert haben, wissen wir, dass dort verschiedene Studiengänge aus diesem Gebiet angeboten werden.
Da unser Bier-Enthusiasmus sein heutiges Ausmaß erst vor ein paar Jahren angenommen hat, kam es nach unserem Schulabschluss für niemanden von uns ernsthaft in Frage Brauwesen zu studieren. Nichts desto weniger sind wir heute sehr daran interessiert, was im Rahmen dieser Studiengänge gelehrt wird und welche beruflichen Perspektiven man nach einem Abschluss hat. Deswegen habe ich mich vor Kurzem mit dem Jonas, einem Studenten des Studiengangs „Brauwesen mit Abschluss Diplombraumeister“, unterhalten. An unserem Gespräch möchte ich euch heute gerne teilhaben lassen:
bierspindel.net: Hallo Jonas, vielen Dank, dass du mir ein paar Fragen zu deinem Studium beantwortest.
Jonas: Hi, gar kein Problem!
bierspindel.net: Könntest du zum Einstieg einfach mal erzählen wie du zu der Entscheidung gekommen bist Brauwesen zu studieren?
Jonas: Für das Thema Bier interessiere ich mich schon ein Weilchen. Ich trinke es nicht nur gerne, sondern hatte auch schon vor meinem Studium ein Interesse daran, wie es hergestellt wird und was genau beim Brauen passiert. Nach meinem Schulabschluss ging es mir dann wie es wohl vielen geht: Ich hatte überhaupt keine Ahnung was ich beruflich mal machen möchte. Zufälligerweise habe ich zu dieser Zeit dann aber über verschiedene Wege mitbekommen, dass es an der TU München die Möglichkeit gibt Brauwesen zu studieren und das sogar „nur“ mit einem Fachabitur. Der Studiengang heißt dann „Brauwesen mit Abschluss Diplombraumeister“. Da dachte ich mir: „Bevor du jetzt mit irgendwas anfängst worauf du dann keine Lust hast, studier‘ doch einfach Bier“.
bierspindel.net: Cool, dass du dich dafür entschieden hast. Kannst du mir etwas über den Aufbau des Studiums erzählen?
Jonas: Das Studium besteht aus mehreren Teilen. Die ersten beiden Semester sind Praxissemester. Das bedeutet, dass man sich einen Brauereibetrieb suchen muss, in dem man zwölf Monate lang ein Praktikum macht. Idealerweise bekommt man dabei schon einmal Einblicke in die verschiedenen Bereiche und Aufgabenfelder, die es in einer Brauerei gibt. Das Praktikum muss nicht zwangsläufig in einer Brauerei stattfinden. Man kann auch in einem Zuliefererbetrieb arbeiten. Das darf man sich selbst aussuchen. Die beiden Praxissemester enden damit, dass man einen Vortrag zu einem individuell vorgegebenen Thema halten muss. Dadurch überprüft die Uni sozusagen, ob man auch was gelernt hat.
bierspindel.net: Man startet also direkt mit mit einem sehr praktischen Einblick in das „Daily Business“ einer Brauerei.
Jonas: Und das war es noch nicht mal. Die Uni schreibt zusätzlich zu den Praxissemestern weitere zwölf Praktikumswochen vor. Die müssen dann in den Semesterferien stattfinden.
bierspindel.net: Wie geht es dann im Studium weiter?
Jonas: as: Im ersten Präsenzsemester, also dem insgesamt dritten Semester, macht man das sogenannte Vordiplom. Das besteht aus Grundlagenfächern aus den Bereichen: Chemie, Physik, Zellbiologie. Dadurch lernt man wichtige naturwissenschaftliche Grundlagen. Dazu hat man auch noch das Fach „Grundlagen der Getränketechnologie“, in dem man einen Überblick bekommt, welche Getränke produziert werden und wie deren Herstellung funktioniert. Es geht im Studium also nicht ausschließlich um Bier. Nachdem man das Vordiplom überstanden hat, geht es dann ins Hauptdiplom. Da wird das Studium dann etwas breiter. Selbstverständlich gibt es Fächer wie „Brauen 1 bis 3“ oder „Alkoholfreie Getränke“ in denen der Brauprozess und die Herstellung anderer Getränke als Bier detailliert besprochen werden. Es gibt aber auch immer noch naturwissenschaftliche Fächer wie „Höhere Mathematik“ und „Organische Chemie“. Dazu kommen methodische Fächer wie „Chemisch-technische Analyse“. Darin lernt man zum Beispiel Rohstoffe qualitativ zu analysieren und wie Brauprozesse chemisch überwacht werden. Ergänzend zu den Fächern mit direktem Bezug zum Brauen und zur Getränkeherstellung lernt man aber auch Vieles aus dem Bereich Betriebswirtschaftslehre. „Buchführung“ und „Kosten- und Erlösrechnung“ fallen mir da direkt ein. Ein weiterer spannender Teil des Studiums ist „Anlagenbau“ und alles was da so dazu gehört: „Energieversorgung technischer Prozesse“, „Thermodynamik“, aber auch „Prozessautomation“ und „Regelungstechnik“. Die Uni legt sehr viel Wert darauf, dass sich die Studenten auch gut mit Brauereianlagen, der zugrundeliegenden Technik und den Prozessen auskennen.
bierspindel.net: Das klingt super interessant! Gab es bei den vielen Fächern und Themengebieten etwas, was dich überrascht hat bzw. bist du einem Thema begegnet, dass du überhaupt nicht erwartet hattest?
Jonas: Eigentlich nicht, ich habe mich, bevor ich zum Studium angetreten bin, sehr intensiv mit dem Studienplan auseinandergesetzt. Das kann ich prinzipiell auch nur jedem empfehlen, der sich dafür interessiert.
bierspindel.net: Gibt es etwas, das dir besonderen Spaß macht?
Jonas: Sicher! Ich habe Spaß an Laborarbeit. Das strukturierte und saubere Vorgehen taugt mir irgendwie. Fachlich hat es mir besonders die Mikrobiologie angetan. Da trifft es sich, dass man in der Mikrobiologie viel im Labor machen muss.
bierspindel.net: Vielen Dank für den Überblick über das Studium. Ich hätte auch ein paar Fragen zur Bierindustrie. Könntest du mir dazu auch was sagen?
Jonas: Klar, schieß los!
bierspindel.net: Gibt es während des Studiums Berührungspunkte mit der Bierindustrie?
Jonas: Wie ich eben schon erklärt habe, gibt es die Praktikumssemester und das Pflichtpraktikum. Da kommt man als Student zwangsläufig mit der Industrie in Kontakt. Man arbeitet ja in Vollzeit mit. Bei mir haben die Praxissemester sogar dafür gesorgt, dass ich mittlerweile einen Nebenjob in der Brauerei ausübe, in der ich damals gearbeitet habe. Nach den zwölf Monaten, habe ich weiter Kontakt gehalten. Dadurch hat sich die Gelegenheit ergeben eine Stelle in der Qualitätsprüfung beziehungsweise in der Qualitätssicherung zu übernehmen, nachdem Sie frei wurde.
bierspindel.net: Gibt es auch Berührungspunkte mit Mikro- oder Craftbierbrauereien?
Jonas: Ja, die kann es schon auch geben. Ich bin zum Beispiel für mein Pflichtpraktikum zu „Hoppebräu“ gegangen. Dort wird ja mittlerweile sehr erfolgreich Craftbier hergestellt. Kommilitonen von mir waren aber zum Beispiel auch in kleinen Gasthausbrauereien, die ausschließlich für ihren Eigenbedarf Bier herstellen. Das kann auch sehr spannend sein.
bierspindel.net: Das kann ich mir gut vorstellen. Gibt es, abgesehen von den Praktika, Veranstaltungen oder Exkurse, die von der Uni ausgehen?
Jonas: Die gibt es tatsächlich. Es ist vorgesehen, dass man mindestens vier Exkursionstage während des Studiums hat. Exkursionen finden zum Beispiel zu Brauereien und Hopfenproduzenten, aber auch zu Mälzereien statt. Besuche von Biermessen kann man sich auch anrechnen lassen.
bierspindel.net: Würdest du mir abschließend zum Thema Bierindustrie noch die Frage beantworten, ob die Industrie auch Interesse am Kontakt mit dir und anderen Studenten des Brauwesens hat.
Jonas: Generell schon. Es kommt allerdings ein bisschen darauf an, wo man den Leuten begegnet. Auf Messen kommt man super mit Menschen aus der Bierindustrie in Kontakt. Da dort aber eher der Verkauf und das Knüpfen von Kundenkontakten wichtig ist, findet man da wahrscheinlich nicht seinen zukünftigen Arbeitgeber. Anders ist das bei Exkursionen zu den verschiedenen Betrieben. Dort bekommt man häufig Infos zu Karrieremöglichkeiten und kann sehr einfach Kontakte herstellen.
bierspindel.net: Wo du gerade Karrieremöglichkeiten ansprichst: Was möchtest du persönlich den nach deinem Studium mal machen?
Jonas: Gerade durch meinen Nebenjob in der Qualitätssicherung, bin ich nochmal darin bestätigt worden in diesem Gebiet arbeiten zu wollen. Die Laborarbeit macht einfach sehr viel Spaß. Ich könnte mir auch durchaus vorstellen im Ausland zu arbeiten. Dort sind qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Brauwesen sehr gefragt.
bierspindel.net: Wie ist es mit selber brauen und Bier verkaufen, also eine eigene Brauerei eröffnen. Ist das nichts für dich?
Jonas: Selber brauen könnte ich mir sogar sehr gut vorstellen. Das macht mir viel Spaß. Sobald es aber um das Betrieben einer eigenen Brauerei geht muss man sich auch mit Sachen wie Vertrieb und Kundenakquise auseinandersetzen. Das ist sehr zeitaufwändig und anstrengend und interessiert mich eher wenig. Darüber hinaus stellt die selbstständige Arbeit in einer eigenen Brauerei auch eine gewisse Unsicherheit dar. Besonders, wenn man in Betracht zieht, dass der Bierkonsum tendenziell zurückgeht. Daran hat der Craftbier-Hype der letzten Jahre leider auch nichts geändert.
bierspindel.net: Das wars auch schon. Ich hab alles erfahren, was ich wissen wollte. Noch einmal vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten!
Jonas: Kein Ding, hat Spaß gemacht!