Nachdem ihr im Oktober schon was über das Malzextraktbrauen gelesen habt, gibt es endlich eine Einführung zum angekündigten Extraktbrauen mit “steeping grains”. Eigentlich garnicht so viel mehr Aufwand als Brauen mit Malzextrakt und vollem Kochvolumen, dafür habt ihr aber deutlich mehr Kontrolle über den Brauprozess.
Vor zwei Wochen gab es hier zu lesen, was Malz überhaupt ist. Diese Woche gibt es eine erste Anleitung, was man damit überhaupt machen kann. Abgesehen von Hobbybrauern kann aber jeder Bierenthusiast was dabei lernen, und das völlig unkompliziert. Deswegen halten wir unseren Beitrag auch eher als allgemeines How-To, bei dem man was über steepen und Malzsorten lernt, egal ob man selber braut oder nur etwas über Brauzutaten lernen möchte. In zwei Wochen gibt es dann auch ein Hobbybrau-Rezept mit steeping grains.
Beim Malze steepen (vom engl. “to steep”, ziehen lassen) lässt man Malzschrot in warmem Wasser ziehen um Geschmacksstoffe für die Würze zu erzeugen und zu extrahieren. Das Brauen mit gesteeptem Malz-sagen wir einfach “Malztee”- gibt euch die Möglichkeit die Würze gezielter zu beeinflussen und etwas über die Rohstoffe beim Brauen zu lernen. Ihr könnt also euerem “normalen” Malzextraktbier mit solchen Malztees etwas mehr “Pepp” und frischen Malzcharakter geben. Möglich ist es z.B. eine helle Malzextraktschüttung zu verwenden, um dann mit Malztees aus Röst- und Karamellmalzen eine Würze für z.B. ein Porter daraus zu machen. Da Basismalze Stärke enthalten, geht das nur mit Karamell- und Röstmalzen. Das Problem mit Stärke im Bier wäre nämlich, dass unerwünschte Bakterien die Stärke abbauen können und das Bier verderben (Brauereihefe kann nämlich keine Stärke vergären). Karamellmalze enthalten weniger Stärke, weil die beim Mälzen schon zum Teil verzuckert wurde. Röstmalze werden so warm geröstet, dass die Stärke zu einem großen Teil thermisch gespalten wird. Beide Malzsorten sind also geeignet zum “steepen”, je dunkler das Malz ist, desto besser (sprich: weniger Stärke im Bier). Generell sollte man aber Vorsicht walten lassen, denn Malze enthalten so oder so Stärke (Ihr könnt ruhig mal eine Jodprobe machen, um das zu sehen). Man sollte also nicht zu viel Malztee in sein Extraktbier geben, um keine Infektion des Bieres mit Fremdorganismen zu riskieren.
Malztee machen ist ganz einfach: zuerst produziert ihr Schrot. Dieses Schrot weicht ihr mit Wasser, temperiert auf 65-78 °C ein. Wärmer sollte es nicht sein, weil ihr sonst unerwünschte Geschmackstoffe extrahiert. Die Mischung solltet ihr dann 15-30 Minuten stehen lassen. Beim Brauen würde ich versuchen, die Temperatur über die Zeit konstant zu halten. Meist sagt euch das Rezept wie viel Malz mit wie viel Wasser für wie lange aufgebrüht werden soll. Genial ist aber auch ein Tasting. Dafür einfach 3-5 Sorten Malz auswählen und je 1 TL Malzschrot mit ca 200 mL Wasser in einer Tasse aufgießen. Das ganze einfach mit einer Untertasse abdecken und 15 Minuten ziehen lassen. Das Malz sinkt dann an den Boden und ihr könnt einfach den Überstand in Tasting-Gläser gießen. Je nach Malz solltet ihr danach noch verdünnen, das merkt ihr aber selbst. Besonders Röstmalze wären so zu konzentriert.
Idealer Weise benutzt ihr eine Malzmühle mit Walzen zum Schroten der Malze. Wenn ihr (noch) keine habt, könnt ihr auch gut eine Kaffeemühle mit Schlagmessern benutzen. Diese Mühlen führen generell zu einem zu feinem Mahlgrad, funktionieren aber besser als nichts und sind vielleicht leichter aufzutreiben. Bei der von uns verwendeten Mühle haben sich Füllmengen von 2-5 EL Malz bewährt. Vor der Verwendung einfach den Kaffee rausputzen und mit 2 Ladungen hellem Caramalz “spülen”, um auch die letzten Reste Kaffee zu entfernen. Danach müsst ihr einfach versuchen einen Schrot zu produzieren, bei dem alle Malzkörner angeknackt sind, aber noch so wenig Mehl wie möglich entsteht. Das ist mit den Schlagmesser-Mühlen schwierig bis unmöglich, gebt einfach euer bestes. Wenn alle Stricke reißen, tuts übrigens auch ein Mörser. Da würde ich aber lieber schon geschrotete Malze kaufen. Das geht auch, das Malz verliert aber schneller Aroma. Wenn Ihr aber nur einmal Braut oder nur ein Tasting machen wollt: einfach geschrotet kaufen und innerhalb von 2-4 Wochen aufbrauchen. Danach hat das Malz oft zu wenig Aroma.
Meiner Erfahrung nach lohnt es sich, 2 Karamellmalze und 2 Röstmalze zu probieren. Im Bild unten seht ihr die Malzsorten vom oberen Bild, aber “geschrotet”. Caramellmalz hell und dunkel sind gängige Caramellmalze und in vielen Hobbybrau- und Craftbeer-Rezepten zu finden. Im Tasting werdet ihr vielleicht wiedererkennen, wo ihr das schon mal probiert habt. Sehr dunkles Caramellmalz wird eigentlich selten verwendet, bildet aber die Geschmäcker ganz gut ab, die im eher seltenen, “mittleren Farbbereich” entstehen. Amerikanische Hobbybrauer sprechen oft von der “harsh zone“. Das ist spannend, aber sehr speziell. Die beiden Röstmalze Schokoladen-Röstmalz und Spezial-Röstmalz Typ II sind einfach unterschiedlich dunkel geröstete Röstmalze. Der Zusatz “Spezial” bedeutet bei Röstmalzen, dass sie aus entspelzter Gerste hergestellt sind. Das lohnt sich, da sie so weniger Röstbittere enthalten und einfach besser schmecken. Alle Liebhaber von Stout und Porter können bei den Röstmalzen viel über ihre Lieblingsbiere lernen. Aber auch das Karamellmalz wird man vielleicht wiedererkennen aus dem einen oder anderen Hobby/Craftbier. Im Beitragsbild ganz oben seht ihr übrigens die Malztees, die aus den 5 verschiedenen erwähnten Malzen entstehen. Ihr seht also auch, inwiefern das verwendete Malz die Bierfarbe beeinflusst.
So ein Tasting ist für alle Bierliebhaber was tolles: Hobbybrauer können etwas über die Rohstoffe lernen, Biertrinker schulen so ihren Geschmack. Für beide Gruppen, aber auch für eher unbedarfte Biertrinker, kann man so an einem Abend viel Lernen, vielleicht auch vor, wärend oder nach einem Biertasting, in dem die Malzsorten vorkommen. Ihr könnt zum Beispiel mal Craftbiere sammeln, die die verwendeten Malzsorten auf dem Etikett angeben. Danach einfach die Malze kaufen und zu Tees verarbeiten die euch Interessieren. Im Vergleich lernt man dann oft, welche Aromen im Bier woher kommen. Zusätzlich sieht man recht anschaulich, wo Bierfarbe überhaupt herkommen kann. Wenn ihr euch fragt, wo man solche Malze herbekommt: die gängigen Online-Shops für Brauzutaten verkaufen auch geschrotete Malze. Die kleinste Abgabemenge ist typsicherweise so ca. 100 g, kosten tut das ca. 1,50-2 € pro Kilo. Also durchaus erschwinglich und leicht zu bekommen (Gesamt-Kosten für 1 Tasting mit 4 Sorten Malz: ca. 7-10 € inkl. Versandkosten…).
Ich hoffe, euch einen guten Überblick über die ein paar Malzsorten und das Herstellen von Malztees zum Brauen und Tasten gegeben zu haben. Falls ihr noch mehr zum Thema lesen wollt kann ich euch nur unseren letzten Artikel ans Herz legen, und besonders auch die dort angegeben Links und Quellen. In zwei Wochen gibt es hier ein Hobbybrau-Rezept, bei dem Ihr das Brauen mit Steeping Grains ausprobieren könnt.