Im deutschen Sprachraum ist Craft-Bier ja allein schon orthographisch eine Herausforderung: Craftbier? Craft-Bier? Craft Bier? Und dann Craft-Bier-Bar? Craft-Bierbar? Craft-Bierbar-Barbaren? Der Duden kann uns glücklicherweise wie so oft auch hier weiterhelfen. Nicht ohne eine gewisse Süffisanz heißt es dort:
Ihr dürft also auch getrost Craftbier sagen. Bitteschön. Wer aber nicht Germanistik studiert, sondern auch tatsächlich wissen möchte WAS der Begriff unabhängig von der Rechtschreibung bedeutet, für den folgt hier der Versuch einer Zusammenfassung.
Die Craftbierbewegung hat ihren Ursprung in den USA, wo 1978 das Heimbrauverbot von Präsident Jimmy Carter aufgehoben wurde. Bis dahin war der amerikanische Biermarkt hauptsächlich von belgischen, britischen und auch deutschen Braustilen dominiert, was sich aber sehr schnell ändern sollte. Pubbesitzer hatten Lust zu experimentieren und gründeten die ersten Microbreweries. Heute gibt es je nach Zählung 4000 – 6000 Brauereien die hunderte verschiedene Braustile praktizieren und das ganze unter mehr als 20000 Markennamen vertreiben.
Ursprünglich bedeutete der Begriff Craftbier also kleinste, hauptsächlich handwerklich arbeitende (deswegen ja “Craft”) Brauereien mit geringem Ausstoß. Wie das in einer Marktwirtschaft nun Mal so ist, funktioniert das heute leider nicht mehr so einwandfrei. Auch große Brauereien wie Heineken oder Bitburger haben erkannt, dass hier ein Markt vorhanden ist und versuchen diesen teils mit zugekauften Marken, teils unter selber gelaunchten Abkoppelungen zu bedienen.
Wichtig ist also: nur einen ausgefallenen Hopfen in ein Bier zu träufeln reicht nicht aus um sich Craftbrauer zu nennen. Craftbier definiert sich auch nicht über einen Bierstil. Es ist falsch zu sagen ein India Pale Ale (IPA) ist per Definition Craftbier und ein Helles bzw. ein Lagerbier nicht. In der Craftbewegung geht es um unabhängige, kleine Brauereien die Qualitätsprodukte in geringen Mengen herstellen. Es geht um Bier als Genussmittel, das wie Wein den Anspruch erhebt, zu einem guten Essen als Begleitung getrunken zu werden.
Für einen modernen Menschen muss “klein” und “unabhängig” natürlich irgendwie in Zahlen gefasst werden. Die amerikanische Brewers Association hat hierzu folgendes zu sagen: “An American craft brewer is small, independent and traditional.” “Small” wenn der Jahresausstoß unter 9,5 Millionen Hektoliter ist, “independent” wenn höchstens 25 Prozent der Brauerei einem Konzern gehören und “traditional” wenn das Bier größtenteils aus den Brauzutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe besteht.
Wir finden diese Definition gar nicht so schlecht! Es lohnt sich also auf jeden Fall beim Craftbier aufs Etikett zu schauen und eventuell zu googlen, ob das was man in der Hand hat auch tatsächlich “Craft” ist oder von einem großen Konzern stammt. Ich bin auch immer gerne bereit für meine Flasche Bier mehr zu bezahlen, wenn ich weiß, dass die Mehrkosten einer kleinen Brauerei zu Gute kommen, statt nur der Gewinnmaximierung.