Im letzten Artikel hatten wir euch Biere zum Anstoßen vorgestellt, wobei mehrfach die Brauerei Rodenbach viel. Damit ihr an Silvester nicht ohne Erklärung da steht , stellen wir euch heute eine unser absoluten Lieblingsbrauereien vor, die wir im Sommer besucht haben.
Rodenbach wurde als Familienbetrieb 1821 in Roeselare, also im flämischen Teil von Belgien, gegründet. Das ging gut bis in die 1990er Jahre, in der das bekannte Brauereisterben bereits im vollen Gange war. Die meisten kleinen Familienbetriebe (in Europa) standen vor schwierigen Herausforderungen, um die technischen Standards erfüllen zu können und mit den Fernsehbieren mitzuhalten: verkaufen oder schließen blieb da meist nur. Rodenbach hat sich für ersteres entschieden und wurde von PALM gekauft, wozu u.a. auch Boongehört. Diese wurde kürzlich wiederum aufgekauft. Das Ergebnis: zum Glück gibt es diese außergewöhnlichen und preisgekrönten Biere noch, auch wenn dafür einiges an Unabhängigkeit verloren ging. So wird beispielsweise nicht mehr selbst gemälzt, sondern Malz aus Dänemark importiert und neue Gläser designet, die dem des (mäßigen) belgischen Massenbiers Jupiler leider erschreckend ähnlich sehen. Trotzdem haut uns diese Brauerei mit ihren Produkten um, und sie war der Hauptgrund warum wir diesen Sommer 5 Tage in Westflandern waren. Ok, erwischt – Westvleteren war auch in der Nähe, aber dazu wann anders. Nichtsdestotrotz hat man in der Brauerei nach wie vor das Gefühl in einem Familienbetrieb zu sein. Als eine der wenigen Brauereien/Weingut beschäftigt Rodenbach zwei Küfer (Fassbinder oder Fassbauer) in Vollzeit, was fast schon ein Alleinstellungsmerkmal ist. Die Führungen lohnen sich wirklich sehr, denn die riesigen Fässer zu sehen und danach zwei Biere zur Verköstigung frisch gezapft zu bekommen, war ein Erlebnis. Unser Highlight jedoch war der dortige Biereinkauf, mit dem wir selbst das Rodenbachpersonal in Verwunderung gesetzt haben.
Die Bierauswahl ist übersichtlich, weswegen wir alle kurz beschreiben, auch wenn zwei schon im letzten Artikel beschrieben wurden. Jedem Rodenbach liegt eine gemischte Fermentation zugrunde, also sowohl eine obergärige wie auch eine spontane Fermentation.
Classic: das Einsteigerbier und am besten erhältlich. Es besteht zu 3/4 aus frischem und 1/4 aus Bier, welches im Eichenfass gereift wurde. Vom Geschmack ist es am mildesten, und durch den hohen Anteil an jungen Bier hat es mit 5.2 % am wenigsten Alkohol.
Grand Cru: ist der nächste Schritt in Richtung komplexere Biere. Es ist etwas saurer, und weniger süß, da es zu 1/3 aus frisch gebrautem Rodenbach und 2/3 aus 18 Monate lang im Eichenfass gelagertem Bier besteht. Lässt sich ebenfalls sehr gut trinken durch die angenehme Fruchtigkeit und weist mehr Eichenfassnoten auf.
Alexander: ist ein Grand Cru, welches mit Sauerkirschsaft versetzt wurde. Ich finde, dass dieses Bier nochmal ganz anders schmeckt und auch nicht vergleichbar ist mit ähnlichen Bieren anderer belgischer Brauereien. Durch die Zugabe von Saft liegt der Alkoholgehalt bei 5.6 %, also etwas weniger als die 6 % vom Grand Cru. Wie bei jedem Rodenbachbier schmeckt man den Alkohol jedoch überhaupt nicht – also aufpassen, denn es ist echt lecker.
Vintage: Das Vintage besteht zu 100 % aus fassgereiftem Bier. Wie bei Champagner bedeutet Vintage das beste Fass aus einem Jahr. Dieses wird vom Braumeister selbst erkoren und natürlich gibt es das nur in limitierter Anzahl, bis das Fass also leer ist. Deutliche Holzfassnoten und leicht sauer – so würden wir den Vintage 2016 beschreiben.
Caractère Rouge: Ein Teil des Vintages (zum Glück sind die Fässer sehr groß) wird genommen und ein halbes Jahr mit Himbeeren, Moosbeeren und Sauerkirschen versetzt, erneut gefiltert und dann abgefüllt. Raus kommt eine saurere, fruchtigere Version des Vintages.
Fruitage: ich muss zugeben, wir haben es gar nicht erst probiert. Für uns machte dieses Bier den Anschein, nur als Antwort auf das Liefmans On the Rocks kreiert worden zu sein. Dieses Bier heißt On the Rocks, weil es genau so getrunken werden muss, um nicht nach flüssigem Traubenzucker zu schmecken. Etwas enttäuschend, was vom Gefühl her auch nicht die Idee der Brauer war.