In unserem Beitrag zu den Waldbieren von Axel Kiesbye haben wir das Thema Reinheitsgebot schon kurz angeschnitten. In Deutschland, so würde man meinen, regelt es, dass nur Hefe, Wasser, Gerstenmalz und Hopfen im Brauprozess verwendet werden dürfen. Tatsächlich wird aber Hefe im ursprünglichen Reinheitsgebot gar nicht erwähnt (da im 16. Jhdt unbekannt) und heutzutage wird stattdessen nach dem “Vorläufigen Biergesetz” gebraut. Auch interessant ist, dass dieses mehr Zutaten erlaubt als die vier oben genannten, zum Beispiel Zuckerzusätze, Konzentrate und Filtrierstoffe. Importbiere fallen jedoch nicht darunter, was dazu führt, dass etwa Camba Bavaria ihr “Sweet Stout” in Österreich brauen müssen.
Es liegt natürlich Nahe zu hinterfragen, warum also diverse Zusatzstoffe erlaubt sind, aber etwa Mais als Stärkequelle explizit verboten ist. Streng genommen wäre auch Weiß- bzw. Weizenbier nicht nach dem Reinheitsgebot gebraut, da ja eigentlich nur Gerstenmalz verwendet werden darf. Prinzipiell untersagt sind dann natürlich auch Biere mit Hafer, Roggen oder Dinkel. Und überhaupt gibt es noch einige andere natürliche Zutaten, die ein Brauer zur Verfügung hätte. Eindrucksvoll führen das belgische Brauereien vor, die mit diversen Früchten, Koriander, Salz und ähnlichem brauen. Möchte eine Brauerei dies in Deutschland nachahmen, so müssen umständlich Sondergenehmigungen eingeholt werden. In Bayern beinahe ein Ding der Unmöglichkeit!
Der Verein Deutsche Kreativbrauer e.V. hinterfragt nun genau das. Unter den Gründungsmitgliedern finden sich “alte Bekannte”, wie etwa Oliver Wesseloh von der Kreativbrauerei Kehrwieder oder Christian Hans Müller von Hanscraft. Dem Verein geht es aber nicht nur darum mehr natürliche Zutaten im Bier zu ermöglichen, sondern auch um eine möglichst hohe Qualität des Produkts und des Brauprozesses. Brauereien können nach gründlicher Überprüfung durch den Verein gegen eine Lizenzgebühr das Siegel “Gebraut nach dem Natürlichkeitsgebot” auf ihren Biere führen.
Zurück zur Frage: Brauchen wir also das Reinheitsgebot? Meiner Meinung nach hat das Reinheitsgebot viel für deutsches Bier getan. Es ist weit über die Landesgrenzen hin bekannt und gilt als unumstößliches Qualitätssiegel. Ein großer Teil der Erfolgsgeschichte deutschen Biers geht sicher auf sein Konto, eine ersatzlose Streichung kann also sicher nicht der richtige Weg sein. Gerade deswegen finde ich das Natürlichkeitsgebot so eine reizvolle Idee: Es gibt Brauern einen riesigen kreativen Spielraum, während weiterhin eine hohe Bierqualität im Vordergrund steht.
Übrigens, das Vorläufige Biergesetz ist aus dem Jahr 1993, es wäre also Zeit für ein permanentes!
Quelle der Bilder: http://deutschekreativbrauer.de, abgerufen am 29.01.2018