Über kaum eine Biersorte wird in meinem Freundeskreis so viel gestritten wie über alkoholfreies Weißbier. Es ist ungefähr das einzige Thema, zu dem Craftbiertrinker und Traditionsbiertrinker sich hitzig unterhalten können. Hasst es oder liebt es, in diesem Beitrag geht es darum, das beste alkoholfreie Weißbier zu finden.
Freitag Nachmittag, eine Terrasse im Münchner Norden. Das Autothermometer hat auf der Herfahrt ungelogene 41 °C angezeigt, die ganze Stadt ächzt seit Tagen unter der Hitze. Da ich aus persönlichen Gründen meinen Alkoholkonsum vorübergehend etwas einschränke, trinke ich aktuell öfter mal ein Alkoholfreies. Während ich das tue, bilde ich mir ein, dass das was ich gerade trinke in etwa nach Bier schmeckt. Die meisten alkoholfreien Hellen sind wirklich ungenießbar, beim Pils wird es nur etwas besser. Einzig das Weißbier erscheint halbwegs erträglich, weswegen ich meist dazu greife. Doch welches ist das Beste?
Die Auswahl ist heutzutage schier unendlich, besonders wenn man sich nicht festlegt ob Weißbier Hell oder Dunkel. Wir haben uns auf Hell beschränkt. Es traten 6 Sorten alkoholfreie Weißbiere gegeneinander an:
- Erdinger Weissbräu “Alkoholfrei”
- Franziskaner Weissbier “Alkoholfrei”
- Hopf “Die Alkoholfreie”
- Neumarkter Lammsbräu “alkoholfreie Weisse”
- Schneider Weisse “Tap 3”
- Unertl “Weißbier Alkoholfrei”
Alle Flaschen wurden beim selben Getränkemarkt gekauft, um zu verhindern, dass unterschiedliche Lagerbedingungen den Geschmack zu sehr beeinflussen. Zusätzlich war es ganz praktisch, dass alle Biere nicht super frisch im Getränkemarkt standen. Eine Ausnahme war das Franziskaner, dass deswegen aus einem in der Wohnung gelagerten Kasten entnommen wurde. Alle Flaschen waren natürlich noch haltbar (mindestens 2 Monate bis MHD). Alle Proben wurden in (möglichst) gleichen Gläsern serviert und “einfach blind” verkostet, also von einer unbeteiligten Person vorher eingeschenkt.
Danach konnten alle beteiligten ihre Meinung zu insgesamt 10 Punkten (9 Sinneseindrücke, 1 mal “Gesamteindruck”) auf einem Verkostungsbogen festhalten. Das Ergebnis gibt es im folgenden:
Das Ergebnis nach Score im Gesamteindruck war das folgende:
- Franziskaner Weissbier “Alkoholfrei”
- Neumarkter Lammsbräu “Weiße alkoholfrei”
- Hopf “Die Alkoholfreie”
- Erdinger Weissbräu “Alkoholfrei”
- Unertl “Weißbier Alkoholfrei”
- Schneider Weisse “Tap 3”
Ob es Sinn macht, auf Details unserer Verkostung einzugehen sei mal dahin gestellt. Wir versuchen die Platzierung nach Gesamteindruck-Note zu präsentieren und vielleicht noch ein paar Dinge zu herausragenden Eigenschaften. Zu erwähnen wäre hier noch, dass der Gesamteindruck von allen sehr unterschiedlich bewertet wurde. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.
Als Sieger im Gesamteindruck geht Franziskaner hervor, dicht gefolgt vom Lammsbräu und dann von Hopf. Das Franziskaner wurde von allen als recht angenehm aber auch unauffällig wahrgenommen. Das Lammsbräu wurde wiederholt als sehr getreidig bezeichnet.
Der dritte Platz ging an “Die Alkoholfreie” der brauerei Hopf. Es wurde als eher süß und malzig wahrgenommen. Das in Deutschland wahrscheinlich bekannteste alkoholfreie Weißbier, das Erdinger Weissbräu Alkoholfrei landet bei uns auf dem vierten Platz. Es wurde insgesamt als recht neutral wahrgenommen, was sich auch im “mittleren” Gesamteindruck wiederspiegelt. Es war aber übereinstimmend das bitterste Bier im Test, was man per se nicht mit einem Weißbier assoziiert. Die unteren beiden Plätze gingen geteilt an Unertl und Schneider Weisse. Das Unertl wurde als das süßeste Bier wahrgenommen und ehrlich gesagt fand ich, dass es einen leichten Geschmack nach Pappe hatte. Das Bier, bei dem sich alle sicher waren, dass es ihnen am schlechtesten schmeckt, war das Schneider Weisse Tap 3. Das hat uns überrascht, weil wir eigentlich große Fans dieser Brauerei und ihrer Produkte sind. Auch bei der Diskussion danach wurden wenig gute Worte gefunden. Das hat uns um so mehr überrascht, als wir dann herausfanden, um welches Bier es sich handelt. Wir sind unsicher, ob es vielleicht an falscher/zu langer Lagerung lag, müssen aber nochmal darauf hinweisen, dass alle Biere aus demselben Getränkemarkt kamen und das Tap 3 nicht am nähsten am MHD lag. Positiv an diesem Bier wurde besonders der Schaum hervorgehoben, der von allen am stabilsten war.
Insgesamt bleibt zu sagen: beim alkoholfreien Weißbier tun sich riesige Unterschiede auf. Interessant war zu bemerken, dass den Testern oft das alkoholfreie Bier am besten schmeckte, das sie am häufigsten trinken (Überraschung…). Auch interessant war: keins der Biere schmeckte besonders nach Nelke oder Banane, was eigentlich die zu erwartenden Leitaromen im Weißbier sind. Das hat sich auch insgesamt bei der Verkostung widergespiegelt: Die Biere schmeckten alle nicht sonderlich ausgeprägt nach Bier. Gefühlt gab es so einiges an Fehl- aber weniger Wohlaromen. Die ausgeprägte Süße aller Biere war belegend und alle waren sichtlich “gestopft” nach 6 x 150 mL “Bier”. Ehrlich gesagt wurde fast nichts ausgetrunken und alle haben sich danach auf ein leckeres Helles gefreut, dass wirklich nach Bier schmeckt. Nichtsdestotrotz habe ich für mich entschieden, dass mein alkoholfreies Weißbier Die Alkoholfreie von Hopf ist. Selbst wenn es bei mir “nur” Platz 2 belegte: Da fließt das Geld dann wenigstens in eine kleine Brauerei in Miesbach, die etwas für die bayrische Bierkultur tut und nicht in die Taschen von Aktionären in aller Welt (AB InBev ist Eigentümer von Franziskaner Bräu) , die damit nur weiter versuchen, die Bierlandschaft zu konsolidieren.