München, 02. Februar 2018. Ein eisiger Freitag Nachmittag, die ganze Stadt scheint wie erfroren. Sicherlich nicht die ganze Stadt, denn wer Bier mag, der pilgert wie jedes Jahr an diesem Wochenende ins MVG-Museum. Denn unter dem Thema “Revival deutscher Bierstile” treffen sich 98 Aussteller hier, um auf der Braukunst Live! ihre Produkte zu präsentieren. Abgesehen vom fertigen Bier gibt es auch allerlei drum herum: Die Technische Universität München ist mit ihrem Campus Weihenstephan vertreten (natürlich gibts auch hier Bier, aber von der kommerziell nicht erhältlichen Forschungsbrauerei), die Berufsfachschule für Brauer hatte einen Stand, die Bierpoints-App, die uns allen Freibier am Abend versprach, der Meininger Verlag präsentierte sein Craft-Magazin, Bukanter hatte allerlei Accessoires rund ums Bier zu bieten, Speidel Anlagenbau zeigte vornehmlich seine Hobbybraueranlagen und viele andere Aussteller hatten einiges zu bieten, was weder flüssig noch alkoholhaltig war. Kulinarisch wurde das ganze neben einer Catering-Area vom Südtiroler Spezialitätenladen und dem Tölzer Kasladen begleitet. Nebenbei konnte man auch einiges über Die Rohstoffe lernen, die im Bier zum Einsatz kamen.
Ganz schön viel zu schauen und ganz schön viel zu tun also, selbst ohne Bier zu trinken. Eins vorne weg: eigentlich bin ich kein Fan von derartigen Events. Die, welche ich bis jetzt besucht habe haben bei mir hauptsächlich einen Eindruck hinterlassen: Zu voll, zu teuer und vom Erlebniswert her irgendwie auch nicht so überragend. Ich war also etwas widerwillig gestimmt, als ich mich an diesem Freitag in die Tram richtung Schwanseestraße setzte. Zum Glück sollten sich meine Sorgen sich nicht bestätigen, denn selbst wenn es nach wie vor eigentlich zu teuer ist, stimmt bei der Braukunst Live wenigstens der Erlebniswert. Aber eins nach dem anderen.
Wie schon gesagt, 98 Aussteller, diverse Kurse, Kulinarik und mehr. All das war geboten im MVG-Museum, einem Verkehrsmuseum der Münchner Verkehrsgesellschaft. Das Museum befindet sich in der ehemaligen Trambahn Hauptwerkstatt, einem schönen denkmalgeschützten Gebäude in der Ständlerstraße. Wie zu erhoffen ist es öffentlich gut zu erreichen (mal abgesehen von den Temperaturen ist bei solchen Veranstaltungen selbst auf die Radanfahrt zu verzichten) und einfach eine schöne Location. Die Halle mit industriellem Flair bietet auf 5000 qm genug Platz für Aussteller und Gäste. Es ist nicht leer, aber auch nie zu voll um nicht die Gesellschaft und das Bier genießen zu können. Das Beste aber eigentlich war, dass es an den Ständen auch nie zu voll wurde. So konnte man sich ungezwungen mit den Brauern (oder Marketing-Professionals?) unterhalten und interessantes über die Produkte erfahren.
Die wichtigste Frage ist natürlich-womit anfangen? Meine Begleitung lies mich 10 Minuten warten, also erstmal schlendern. Gute Entscheidung. So konnte man sicherstellen, schon mal zu sehen welcher Stand wo ist und welchen Aussteller man vielleicht überlesen hatte.
Als die Kollegen eintreffen, geht’s erstmal zum Hofbräu. Von den zwei Getränkegutscheinen, die mit dem Eintritt kamen, waren nämlich je einmal ein Bier beim Hofbräustand. Wir entschieden uns für das “Hallodri”, ein filtriertes Kellerbier was auf der BKL präsentiert wurde. Für ein Märzen erschien es recht hell, vom Trinkgenuss hat es einen nicht umgehauen aber auch nicht komplett enttäuscht. Ein unkompliziertes Bier mit krautigen Hopfennoten. Schnell weiter zu den eigentlichen Zielen. Ganz im Sinne der deutschen Bierstile wollten wir mal der Olchinger Braumanufaktur einen Besuch abstatten-eine kleine Brauerei aus dem Münchner Umland. Das Helle Weißbier ist ein solides. Aromen von Nelke und relativ hoch karbonisiert. Den Weizenanteil schmeckt man raus – er scheint recht hoch zu sein – was man aber am Stand nicht wusste.
Wo wir grad beim Weizen waren, sind wir gleich rüber zum Stand der Brauerei Gutmann. “Gutes Bier” heißt hier der Slogan. Der Helle Weizenbock begeistert mit bananigen Hefenoten typisch für die Hefe der Brauerei Gutmann und einen runden vollen Körper, der Lust auf mehr macht. Leider ist nach 0,1 L schon Schluss. Aber man mag sich ja noch Kapazität für später aufheben.
Danach ging es an den Stand von Boustaa Brewing. Nach einer Empfehlung von Harald quasi ein Pflichtbesuch, bei dem dann auch fast das ganze Sortiment pobiert wurde, weil’s einfach so gut war. Das India Pale Ale war in der Wintersaison mit viel Karamalzen gebraut und von der Hopfung her etwas untypisch. Schwer zu beschreiben und doch sehr spannend. Aromen von citrus und grünen Kräutern zusammen mit einer trockenen Bittere.
Das Caramel Brown Ale ist genau das: karamellig und cremig, etwas restsüß. Insgesamt sehr lecker und eine gute Vorbereitung auf das nächste Bier von Boustaa.
Das war das Macchiato Stout. Ein Milk Stout mit Kaffeezusatz, Latte Macchiato in Bierform quasi. Sehr dunkel mit dichter aber nicht sehr üppiger Schaumkrone kommt es daher und entfaltet Aromen von Toffee und Schokolade, vielleicht auch Vanille. Das Mundgefühl ist ungewohnt dicht. Viel Körper und Restsüße durch den Milchzucker. Fast ein Dessert in sich. Jetzt weiß ich, warum es mir empfohlen wurde.
Neben vielen anderen Ständen, die wir besucht haben muss ich nun auch noch auf die Vulkan Brauerei hinweisen. Da ich quasi in der Nachbarschaft groß geworden war habe ich mich um so mehr gefreut etwas heimatliches zu sehen. Aber auch für den ortsfremden gab es hier einiges zu bestaunen. In den letzten Jahren hat sich bei der Vulkanbrauerei einiges getan und sowohl Brauerei als auch Gasträume wurden renoviert. Das merkt man auch an der Produktpalette, die sowohl den Craft-Bier Enthusiasten als auch den traditionellen deutschen Biertrinker anspricht. Im Bereich der klassischen deutschen Bierstile ist deren Pils hervorzuheben. Grasiger Hopfen auf einem trockenen Körper. Toller Schaum und eine passende Farbe. Traditioneller deutscher Biergenuss par excellence. Das IPA überzeugte mich mit einer klassischen West Coast-Style Hopfung, ordentlich Bittere, malziger Körper und ein trockener Abgang. Zu guter Letzt konnte ich auch das viel gerühmte Bourbon Barrel Doppelbock probieren. Den Ruhm bekommt es zu recht: Viel Vanille und Eiche bekommt man hier zu schmecken, fast schon etwas Citrus in der Nase. Ein Bier das schmeckt, aber ehrlich gesagt nur das eine, danach brauchte ich mal was um runter zu kommen, so überwältigend war die Flut an Aromen.
So war es auch kein Wunder, dass der Abend dann doch zu kurz war und ich mir vorgenommen habe nächstes Jahr wieder zu kommen. Für die Braukunst Live gab es -nicht nur mein- Seal of Approval.